Fotografie: Lucas Melzer                                                                                                                                                                                                                                                                       EXAMEN 2022                                                                                                                                                  

 

 

»Meine kleine Schwester besucht mich in Kassel. [...] Der Himmel ist strahlend blau und [sie] fährt lässig auf ihrem Longboard neben mir her. Als wir am Halitplatz ankommen, bleibt sie kurz stehen, schaut das Schild an und dann wieder mich. Sie lächelt: Ein Junge aus meiner Klasse heißt Halit.‹«

 

Halit Yozgat fiel 2006 in Kassel der rechtsextremen Terrorgruppe NSU zum Opfer. Bis heute ist der Fall unaufgeklärt. Wie das Zitat andeutet, setzt sich Herr v. Rehtanz in der Arbeit Das Unbehagen (2021/22) mit nationalsozialistischer Ideologie sowie Kontinuitäten rechter Gewalttaten auseinander. Die Künstler*in knüpft an die gleichnamige Arbeit an, die sie erstmalig im September 2021 im Rahmen ihrer Abschlussarbeit im Hochbunker am Marienkrankenhaus präsentierte. Mithilfe eines virtuellen Ausstellungsraumes ergänzte sie die Arbeit seitdem mit Unterstützung des Webentwicklers Hannes Drescher um eine zusätzliche Dimension. Das von Zeit und Ort ungebundene Format kann online über eine eigenständige Website erreicht werden. Auch ein späterer Besuch ist somit jederzeit möglich.

 

Zur Präsentation in der EXAMEN Ausstellung 2022 konzipierte die Künstler*in eine an den privaten Lebensbereich anknüpfende Umgebung. Besucher*innen stehen einem scheinbar vor kurzem verlassenen Schreibtisch mit Büchern und Pflanzen gegenüber, auf dem ein Computer den Zugang zur virtuellen Ausstellung gewährt. Die dunklen und beklemmenden Räume der digitalen Ausstellung sowie die Schwere der Thematik führen jedoch immer wieder zu eskapistischen Seitenblicken. Der Tisch mit seinen Einzelheiten dient als Platzhalter für den eigenen privaten Rückzugsort, in dem die eigentliche Arbeit vonstattengeht. Denn die Selbstwahrnehmung der Betrachter*innen liegt für die Künstler*in im Fokus ihres Schaffens. Demnach stößt die Arbeit Selbstreflexionsprozesse an, die zum Überdenken gesellschaftlicher Strukturen und der eigenen Rolle in diesen führen. 

 

 

Ein Werkkommentar von Sophie Kritten 

 

Fotografie:

Lucas Maier


Fotografie: Lucas Melzer                                                                                                                                                                                                                                                                       EXAMEN 2022

HOW DO YOU KNOW WHAT YOU KNOW?

 

 

Artist Talks vom 16.12.2022

Moderation: Holger Jenss

Vermittlungskonzept:  Johanna Brummack